Rückblick: GREEN HEALTH FORUM 2023

„Gesunde Menschen gibt es nur auf einem gesunden Planeten“. Diese deutlichen Worte fand Dr. Eckart von Hirschhausen in seiner begrüßenden Videobotschaft beim ersten GREEN HEALTH FORUM. Verbunden mit einem klaren Apell: Neben den direkten Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheitsversorgung trägt auch das Gesundheitswesen selbst einen großen Teil zum CO2-Ausstoß der Bundesrepublik Deutschland bei – mehr als der gesamte inländische Flugverkehr. Wir müssen jetzt handeln. Der Transformationprozess der Branche steht dabei trotz zahlreicher Leuchtturmprojekte noch ganz am Anfang: Das Gesundheitswesen sei in keiner Dimension – werder ökologisch, noch ökonomisch oder sozial – nachhaltig, konstatierte Jürgen Graalmann (Die BrückenKöpfe) zum Abschluss der Veranstaltung.

Am 4. Juli 2023 kamen rund 150 Personen in der Green Event Location Gläserne Manufaktur Dresden – dem ersten bilanziell CO2-neutralen Standort der Marke Volkswagen –  zusammen, um sich bei einem vielseitigen Konferenzprogramms, spannenden Workshops und zahlreichen Networking-Optionen rund um aktuelle Themen auszutauschen und konkrete Handlungsempfehlungen zu entwickeln. 

Nach eindringlichen Begrüßungsworten von Kai Swoboda (Stv. Vorstandsvorsitzender, IKK classic) und Keynote-Speakerin Claudia Kleinert (Fernsehjournalistin sowie Wetter- und Klimaexpertin), in der sie die Folgen des Klimawandels sowie die Auswirkungen auf unsere gesamte Gesellschaft adressierten, wurde in drei Sessions die Zukunft der Gesundheitsversorgung sowie des Gesundheitswesens in Zeiten des Klimawandels als auch Lösungsmöglichkeiten für bereits bestehende und hervorgehende Herausforderungen skizziert.

Klimawandel und Gesundheit: Neue Herausforderungen für Medizin und Versorgung

Kerstin Blum (Geschäftsführerin, Stiftung Gesunde Erde – Gesunde Menschen) und Dr. Wolfgang Straff (Leiter Fachgebiet Umweltmedizin und gesundheitliche Bewertung, Umweltbundesamt) waren sich einig: Durch die Veränderung und die Verschlechterung von Naturräumen werde nicht nur die Psyche belastet, sondern auch die Ausbreitung von Krankheiten und Allergenen befördert. Mit dem Klimawandel erwarten uns neue Herausforderungen, die eine Veränderung verlangen. Eine Strategie könnte laut Franziska Bauerfeind (Nachhaltigkeitsbeauftragte, AOK PLUS – Die Gesundheitskasse für Sachsen und Thüringen) die planetare Ernährung sein. Zudem sieht sie die Verantwortung ihrer Krankenkasse darin, Gesundheits- und Klimakompetenz aufzubauen. Marit Gronwald (Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Amt für Gesundheit und Prävention der Landeshauptstadt Dresden) stellte ein Hitze-Handbuch für die Stadt Dresden vor, in dem Zahlen, Daten und Fakten zum Klima in Dresden sowie Projektbeispiele und Handlungsempfehlungen gesammelt sind. Sie machte deutlich, dass die Verwaltung ein wichtiges Bindeglied zwischen Wissenschaft, Politik und Gesellschaft darstellt. Auch in der anschließenden Diskussion wurde deutlich: Die Vernetzung ist ein Schlüsselpunkt der Klimawandel – eine Veränderung kann nur gemeinsam erreicht werden.

Nachhaltiges Handeln im Gesundheitswesen: Alle Akteure sind im Zusammenspiel gefragt!

In der zweiten Konferenzsession wurde der Frage aus verschiedenen Perspektiven nachgegangen, wie nachhaltig im Gesundheitswesen gehandelt wird. Julia Kaub (Partnerin, KPMG AG) betonte mit ihrer Perspektive Gesundheitswirtschaft die bedeutende Rolle dieser in der Nachhaltigkeitstransformation. So müssten soziale und Governance-Aspekte sowie Risiko- und Compliance-Managementsystems sowie Unternehmensstrategien die Nachhaltigkeitsaspekte mehr berücksichtigen und integrieren. Aus der Perspektive Klinik stellte Christian Elsner (Kaufm. Vorstand der Universitätsmedizin Mainz) den Neubau eines nachhaltigen Medizin Campus vor und sprach sich stark für die Implementierung von Nachhaltigkeitsmanager:innen in Organisationen aus. Dr. Christoph Maas (Medical Director, CHIESI Deutschland) sprach aus der Perspektive Pharma und Großindustrie und verwies auf die dort größte Herausforderung: Recycling. So müssten unter diesem Gesichtspunkt vier Bereiche betrachtet werden: Chemie, Ethik, natürliche Ressourcen sowie Design. Ebenso sprach er sich für ein Gesetz für nachhaltige Produkte aus. Janine Peine (Leiterin ETL Advision) wies mit der Perspektive Pflege darauf hin, dass vor allem Gebäude, Einrichtungen, Fahrtwege und Logistik nicht nachhaltig seien. Ihre Meinung nach müsse erst Erst-Finanzierungsmöglichkeiten für nachhaltige Ansätze geben, da sich viele kleinere Unternehmen diese Ansätze sonst nicht leisten könnten. Lothar Frank Schwarz (Geschäftsführender Inhaber, INTERATIO-MediTec) plädierte aus der Perspektive Medizintechnik für Versorgungssicherheit und stabile Lieferketten mit überwiegend nationalen Partnern. Dorothee Christiani (CSR-Managerin, BKK VBU) wies aus der Perspektive Gesetzliche Krankenversicherung darauf hin, dass Krankenkassen unter dem Klimawandel drastisch beeinflusst seien: Durch den Klimawandel verursachte Katastrophen, Allergien, Klimaänderungen und damit einhergehende psychische Belastungen kämen unabsehbare Kosten auf Krankenkassen zu.

Globale und branchenübergreifende Einblicke

Der Konferenztag endete mit globalen und branchenübergreifenden Einblicken. So zeigte Frank Roth (Principal, Practice Lead Life Sciences & MedTech, CBR Consult & Invest GmbH; Lead Sustainability Expert, Healthcare Shapers) Erkenntnisse aus verschiedenen Branchen, u.a. der Musikbranche. Sein Fazit lautete: Nachhaltige Wertschöpfung gelingt nur durch Aufbau von Fachwissen – Sektoren und Branchen übergreifend – klare, praktikable Rahmenbedingungen, in denen Mitarbeiter:innen eingebunden und mitgenommen werden sowie durch Überwindung von Systemgrenzen, beispielweise durch Innovationen oder alternative Finanzierungsmodelle. Mario Blank (Leitung Logistik und Planung, Gläserne Manufaktur – Volkswagen Sachsen GmbH) stellte das Ziel von Volkswagen vor, 2050 CO2 neutral zu sein. Ein erster Grundstein wurde 2018 schon gelegt: Als erster Standort der Marke weltweit begann die Gläserne Manufaktur in jenem Jahr, ihre Fahrzeuge bilanziell CO2-neutral zu fertigen. Zusätzliche Maßnahmen wie Photovoltaik-Paneele oder die Bereitstellung von Lebensraum von Pflanzen und Tiere unterstreichen das Umweltbewusstsein. Einen weiteren Aspekt, der gerade in Zeiten der Digitalisierung mehr Beachtung finden sollte, stellte Yelle Lieder (Consultant Technologie & Sustainability, adesso SE) vor: Nachhaltige IT im Gesundheitswesen. IT verursache ungefähr gleich viel Treibhausgasemissionen wie die Tierhaltung. Ein nachhaltiges Gesundheitswesen funktioniere daher nicht ohne nachhaltige IT. Um dies zu erreichen, stellte Lieder verschiedene Handlungsfelder vor, um die Umweltauswirkungen der IT zu reduzieren – unter anderem die Hardware: So müsse die Hardware langlebiger und effizienter genutzt werden. Ein Vortrag führte uns über die Ländergrenzen hinaus nach Nepal: Judith Mohren, MPH (Ärztin in Weiterbildung Arbeitsmedizin, ehrenamtlich tätig beim Long Yang e.V. und Akasha Academy) stellte die Arbeit der Akasha Academy vor, die beispielsweise durch eine umfassende Ausbildung für junge nepalesische Frauen in den Themen Gesundheit, Umwelt und Gesellschaft, durch Beratungen zu Zusammenhängen zwischen Gesundheit, Umwelt und Klima sowie den Einsatz von regenerativen Landnutzung und Biodiversitätsschutz in der Region kreative und kollaborative Wege findet, um den Planeten zu schützen.

Drei Nachhaltigkeits-Dimensionen für ein nachhaltiges Gesundheitswesen

Den Abschluss der Konferenz fand Jürgen Graalmann (Geschäftsführender Gesellschafter, Die Brückenköpfe) mit seiner Closing Keynote. Er verdeutlichte, dass Nachhaltigkeit in drei Dimensionen gedacht werden müsse: In den Dimensionen soziale Nachhaltigkeit (gute, bezahlbare Versorgung unabhängig vom Wohnort), ökonomische Nachhaltigkeit (Gewinnerwirtschaftung, ohne dabei die dafür benötigen Ressourcen langfristig zu schädigen) und ökologische Nachhaltigkeit (Umgang mit Ressourcen). Aktuell sei unser Gesundheitssystem in Deutschland in keiner Dimension nachhaltig. Graalmann plädierte dafür, die drei Dimensionen im Gesundheitswesen miteinander zu vereinen und diese systemisch zu verankern. Dies erreiche man aber nur, wenn man nicht nur Ziele setze, sondern auch Ergebnisse messe und (ökonomische) Anreize schaffe. Graalmann appellierte an das Publikum, selbstständig in das Handeln zu kommen und nicht auf Gesetze zu warten.

Workshops

Begleitet wurde das Konferenzprogramm von drei Expert:innen-Workshops zu den Themen Nachhaltigkeit für Organisationen im Gesundheitswesen (Janine Peine, Leiterin, ETL ADVISION; Fritz Baldus, Wirtschaftsprüfer, ETL und Johann-Georg Cyffka; Leiter Kooperationen, Wilderness International), Nachhaltigkeisstratigie und Berichterstattung (Markus Sobottke, Teamleiter Research im Kompetenzzentrum Sozialwirtschaft, BFS Service) und Nachhaltigkeitskommunikation (Sebastian Jansen, Strategy Consultant, 2020 – Agentur für Nachhaltigkeit und Kommunikation).

Aufbruchstimmung

Beim ersten GREEN HEALTH FORUM wurde deutlich: Die bevorstehenden und bereits eingetretenen Herausforderungen können wir nur gemeinsam lösen – über alle Sektoren, Industrien und Länder hinweg. Somit stellte das Forum eine wichtige Vernetzungsplattform für einen Austausch von Ideen und konkreten Lösungsansätzen dar. Dank diverser Fachhintergründe des Publikums konnten neue Begegnungen im und abseits des Programms geschaffen werden, die eine regelrechte Aufbrauchstimmung erzeugten und das Gefühl bestärkten: Gemeinsam können wir das Gesundheitswesen transformieren und nachhaltig für die Zukunft aufstellen. Was wir dafür benötigen: Etwas Empathie und Tatendrang.  

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Auf Anfrage erhalten Pressevertreter:innen Zugang zu den Videoaufzeichnungen zu den Grußworten, der Closing-Keynote und allen 3 Konferenz-Sessions sowie zu zusätzlichem Bildmaterial. Bitte schreiben Sie dazu eine kurze E-Mail an events@inno3.de.