
LVL UP HEALTH Vol. 2 – das Event für Young Professionals von Young Professionals – findet am 13. November 2024 in Leipzig statt. Gemeinsam mit vier Nachwuchsverbänden der Gesundheitsbranche bieten wir mit dieses Event eine Plattform für Vernetzung, Austausch und aktive Mitgestaltung im Gesundheitswesen.
Im ersten Teil unseres Interviews erwarten euch spannende Einblicke in die Ziele, Aufgaben und Visionen des Bundesverbands für Gesundheits-IT (bvitg) sowie Hashtag Gesundheit e. V.
Wie fördern sie junge Stimmen? Welche Projekte und Initiativen bringen den Nachwuchs konkret voran? Und welche Rolle spielen sie bei der Digitalisierung und Modernisierung des Gesundheitswesens?
Außerdem erfahrt ihr, wie die Verbände den Generationenwechsel im Gesundheitswesen aktiv mitgestalten und welche Chancen sie in den kommenden Jahren sehen.
Was sind die Hauptaufgaben und Ziele eures Verbands/Vereins? In welcher Form werden junge Stimmen bei euch organisiert und gefördert?
bvitg e.V.:
Seit beinahe 30 Jahren setzt sich der Bundesverband Gesundheits-IT – bvitg e. V. für eine umfassende Nutzung digitaler Lösungen im Gesundheitssystem ein. Mit seinen über 110 Mitgliedsunternehmen repräsentiert der Verband heute die führenden Unternehmen der Gesundheits-IT-Branche. Je nach Segment werden die Produkte der Mitglieder in bis zu 90 Prozent des ambulanten und stationären Sektors inklusive Reha-, Pflege- und Sozialeinrichtungen eingesetzt. Über 70 Prozent der Unternehmen sind zudem in internationalen Märkten aktiv. Neben der fachlichen Arbeit setzt der bvitg sich für die aktive Nachwuchsförderung ein: Mit dem verbandseigenen Netzwerk bvitg_generation_next schafft der Verband einen Raum für die Vernetzung und die Weiterbildung junger Fach- und Führungskräfte.
Hashtag Gesundheit:
Wir von Hashtag Gesundheit haben ein klares Ziel: Wir sind die „Nachwuchslobby“ im Gesundheitswesen und setzen uns dafür ein, dass junge Stimmen nicht nur gehört, sondern auch aktiv eingebunden werden. Es reicht nicht, immer nur die etablierten Meinungen zu hören. Junge Fachkräfte müssen frühzeitig Verantwortung übernehmen und ihre Ideen konkret umsetzen können – dafür bieten wir die Plattform.
„Wir sind die ‚Nachwuchslobby‘ im Gesundheitswesen und setzen uns dafür ein, dass junge Stimmen nicht nur gehört, sondern auch aktiv eingebunden werden.“
Neben unseren Diskussionsrunden und Workshops veranstalten wir regelmäßig Regionaltreffen in vielen deutschen Städten, bei denen wir nicht nur netzwerken, sondern auch Exkursionen zu Krankenkassen, Krankenhäusern und großen Unternehmen wie Philips, AbbVie und Google unternehmen. Diese Besuche ermöglichen uns einen direkten Einblick in die Praxis und oft auch einen Blick über den Tellerrand. Ein Highlight war sicherlich unsere Studienreise nach Paris, bei der wir internationale Gesundheitsversorgung hautnah erleben konnten. Diese Formate geben uns die Möglichkeit, den Austausch im Verband sektorenübergreifend zu gestalten und nicht nur theoretisch zu diskutieren, sondern auch praktisch anzupacken. Tolle Projekte, die Veränderungen heute schon konkret voranbringen, sind unter anderem unser Magazin „HealthHorizons“ oder auch unser Mentoring-Programm, bei dem erfahrene Expert:innen mit Young Professionals gematcht werden, um voneinander zu profitieren.
Ihr seid Gründungspartner des Formats „LVL UP HEALTH“ – dem Event von Young Professionals für Young Professionals. Was hat euch zu diesem Engagement bewogen?
bvitg e.V.:
Als wir 2023 die Idee hatten ein neues Format zu gründen, welches nur für Teilnehmer:innen U40 ist, waren #Gesundheit und die Nachwuchsnetzwerke des BMC und AHIME sofort dabei und es brauchte keine Überzeugungsarbeit, sondern es sprudelten direkt die Ideen. Wir wollten eine Veranstaltung, bei der wir Leute miteinander sektorenübergreifend vernetzen können, es einen Austausch auf Augenhöhe geben kann und auch mal Themen angesprochen werden können, die man sich sonst nicht traut anzusprechen.
„Es ist sehr wichtig, ein Format zu schaffen, welches speziell den Nachwuchs im Markt anspricht, da sie bei vielen anderen Formaten oft vergessen werden.“
Die Möglichkeit zur freien Mitgestaltung der Teilnehmer:innen am Programm war uns auch wichtig. So war es auch keine große Herausforderung einen Veranstaltungspartner zu finden. INNO3 war schnell von der Idee überzeugt und die Planung der Veranstaltung ging gut voran. Ich glaube, es ist sehr wichtig ein Format zu schaffen, welches speziell den Nachwuchs, sprich die jungen Fach- und Führungskräfte, im Markt anspricht, da sie bei vielen anderen Formaten oft vergessen werden und nur sehr selten nach ihrem Input für eine Veranstaltung gefragt werden. Das machen wir bei LVL UP HEALTH anders und ich würde mich immer wieder dafür entscheiden meine Zeit, oft auch Freizeit, in die Ausgestaltung des Formats zu stecken. Ich bin INNO3 sehr dankbar für diese Möglichkeit. Ohne sie hätte es LVL UP HEALTH nicht gegeben.
Hashtag Gesundheit:
LVL UP HEALTH ist für uns kein Nice-to-have, sondern ein absolutes Muss. Wir sehen es als unsere Aufgabe, den Nachwuchs im Gesundheitswesen zu mobilisieren und zu vernetzen. Wir sind es leid, dass junge Menschen oft als „unfertig“ oder „nicht erfahren genug“ abgetan werden. Das Format LVL UP HEALTH gibt uns in meinen Augen die Möglichkeit, genau das zu ändern. Wir wollen nicht warten, bis wir gefragt werden – wir setzen uns selbst an den Tisch. Ich bin fest davon überzeugt, dass nur durch Formate wie dieses eine wirkliche Veränderung erreicht werden kann.
„Wir wollen nicht warten, bis wir gefragt werden – wir setzen uns selbst an den Tisch.“
Wir bieten hier eine Plattform, auf der sich junge Talente vernetzen, austauschen und gemeinsam an innovativen Lösungen arbeiten können. Es geht darum, nicht nur dabei zu sein, sondern die Zukunft aktiv mitzugestalten. Die Health Community braucht frischen Wind und neue Ideen und die kommen vor allem von uns Young Professionals.
Wie stellt ihr euch die Zukunft des Gesundheitswesens vor? Welche Chancen und Herausforderungen seht ihr in den nächsten Jahren auf uns zukommen – und wie kann der Generationenwechsel sinnstiftend dazu beitragen?
bvitg e.V.:
Die Zukunft des Gesundheitswesens bietet enorme Chancen, vor allem durch technologische Innovationen und die Digitalisierung. Künstliche Intelligenz, Telemedizin und personalisierte Medizin haben das Potenzial, die Versorgung nicht nur effizienter, sondern auch individueller zu gestalten. Doch das Wichtigste dabei ist, dass die Menschen diesen Wandel aktiv mittragen und den „Change“ befürworten. Unsere Generation erkennt den dringenden Bedarf, das Gesundheitswesen zu verbessern, und ist bereit, diesen Weg zu gehen.
Eine der größten Herausforderungen sehen wir im demografischen Wandel. Der Fachkräftemangel, insbesondere in der Pflege und Ärzteschaft, und die oft unattraktiven Arbeitsbedingungen in diesem Bereich sind drängende Probleme, die sich nicht länger ignorieren lassen. Es muss sich etwas ändern. Die nächste Generation im Gesundheitssektor bringt digitale Kompetenzen, neue Ideen und einen frischen Blick auf etablierte Strukturen mit. Aber der Wandel wird nur gelingen, wenn das Change-Management nicht nur eine Aufgabe weniger bleibt, sondern von uns allen aktiv mitgelebt wird.
„Die Zukunft des Gesundheitswesens bietet enorme Chancen, vor allem durch technologische Innovationen und die Digitalisierung (…). Unsere Generation erkennt den dringenden Bedarf, das Gesundheitswesen zu verbessern, und ist bereit, diesen Weg zu gehen.“
Der Generationenwechsel spielt eine entscheidende Rolle dabei, diesen Veränderungsprozess anzustoßen. Junge Menschen, wie alle unsere Verbände und Vereine sie stellen, sind bereit, Verantwortung zu übernehmen und neue Wege zu gehen, um eine nachhaltige und zukunftsorientierte Gesundheitsversorgung zu schaffen. Entscheidend wird dabei der Dialog zwischen den Generationen sein – die Kombination aus Erfahrung und Innovationskraft ist der Schlüssel zu einem erfolgreichen Wandel.
In den nächsten Jahren wird unsere größte Herausforderung sein, junge Menschen zu erreichen und sie von der Digitalisierung zu überzeugen. Alle sind fit an ihren Smartphones, jeder hat eins, nutzt täglich Social Media und ohne das Smartphone werden wir zu Zombies. Doch in der Arbeitswelt, egal ob Krankenhaus, Krankenkasse, Arztpraxis oder sonst wo, sind analoge Prozesse Alltag. Wie werden wir es schaffen, das KIS, PVS, ePA und Co. zum Social Media der Arbeitswelt zu machen?
Hashtag Gesundheit:
Die Zukunft des Gesundheitswesens wird nicht von denen gestaltet, die an alten Strukturen festhalten. Sie wird von denen gestaltet, die den Mut haben, neue Wege zu gehen. Bei Hashtag Gesundheit drehen sich hier viele Diskussionen um die (teils mehr als überfällige) Digitalisierung. Telemedizin, KI-gestützte Diagnostik und neue Versorgungskonzepte müssen die nächsten großen Schritte sein.
Wir müssen uns aber auch fragen: Wer gestaltet diese Veränderungen? Die Antwort kann aus meiner Sicht nur lauten: Wir selbst. Die aktuelle Situation im Gesundheitswesen bietet die Chance, veraltete Strukturen radikal zu überdenken. Wir brauchen mehr interdisziplinäre Zusammenarbeit, weniger Abgrenzung zwischen den Sektoren und eine neue Kultur des Machens. Es darf nicht bei Lippenbekenntnissen bleiben. Und hier bietet sich auch eine wunderbare Chance für die Zusammenarbeit von Jung und Alt, von Innovativ und Erfahren. Unsere Mitglieder sind bereit, Verantwortung zu übernehmen – nicht erst in zehn Jahren, sondern jetzt. Dazu braucht es aber auch Führungsstrukturen, die bereit sind, jungen Menschen die Hand zu reichen und Platz am Entscheidungstisch zu machen, um Veränderungen aktiv mitzugestalten.
Welche Wünsche oder Forderungen habt ihr an Politik und Gesellschaft, um die Rahmenbedingungen für eine zukunftsfähige und nachhaltige Gesundheitsversorgung zu schaffen?
bvitg e.V.:
Wir sehen, dass die Politik bereits in die richtige Richtung geht. Unter der Legislatur von Jens Spahn und dem jetzigen Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach wurden wichtige Gesetze auf den Weg gebracht, um eine umfassende Digitalstrategie für das Gesundheitswesen zu realisieren.
Mit dem Digitalgesetz (#DigiG), dem Gesundheitsdatennutzungsgesetz (#GDNG) und dem Gesundheits-Digitalagentur-Gesetz (#GDAG), das die Schaffung einer Digitalagentur für Gesundheit vorsieht, wird der Ansatz erstmals ganzheitlich gedacht und konsequent umgesetzt. Diese Schritte sind essenziell, um den digitalen Wandel im Gesundheitswesen zu beschleunigen und für eine moderne, effiziente Gesundheitsversorgung zu sorgen.
Mit der im DigiG verankerten Opt-Out elektronischen Patientenakte (ePA) für alle, die ab 15.01.2025 jedem gesetzlich-versicherten Staatsbürger zur Verfügung steht, wird ein Instrumentarium geschaffen, dass die Digitalisierung, aber auch die Forschung im Gesundheitswesen immens verbessern wird.
Allerdings müssen all diese Maßnahmen von weiteren politischen Initiativen begleitet werden, um die Digitalisierung tatsächlich erfolgreich zu machen. Nicht nur von Legislaturperiode zur Nächsten, oder wie das Krankenhauszukunftsgesetz. Wohlwissend, dass mit dem KHZG erstmals Gelder für Innovation und Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesen freigegeben wurden, fehlen hier die Anschlussfinanzierungen. Es braucht kontinuierliche Investitionen und einen eigenen Finanztopf!
„Unsere Generation ist bereit, den Wandel mitzugestalten – doch wir benötigen die richtigen Rahmenbedingungen und Unterstützung, um diesen Weg erfolgreich zu gehen.“
Zusätzlich fordern wir als „next generation“ eine stärkere Fokussierung auf die Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Gesundheitswesen, insbesondere in der Pflege. Attraktive Arbeitsplätze, faire Bezahlung und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind wesentliche Voraussetzungen, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken und die Branche langfristig attraktiv zu halten.
Fazit für uns: Die Politik hat bereits wichtige Weichen gestellt, aber es bleibt noch viel zu tun. Wir brauchen ein flexibles, zukunftsorientiertes Bildungssystem, das junge Menschen auf die neuen Herausforderungen im Gesundheitswesen vorbereitet. Auch die Förderung von Innovationen und lebenslangem Lernen sollte im Vordergrund stehen, um das Potenzial der kommenden Generationen voll auszuschöpfen.
Wir setzen darauf, dass Politik und Gesellschaft weiterhin Hand in Hand arbeiten, um die Rahmenbedingungen für eine nachhaltige und innovative Gesundheitsversorgung zu schaffen. Unsere Generation ist bereit, den Wandel mitzugestalten – doch wir benötigen die richtigen Rahmenbedingungen und Unterstützung, um diesen Weg erfolgreich zu gehen. Wir sind bereit!
Hashtag Gesundheit:
Meines Erachtens reicht es nicht mehr aus, nur „Wünsche“ an die Politik zu formulieren – wir haben konkrete Forderungen und müssen diese so schnell wie möglich umsetzen!
Erstens: Junge Menschen müssen endlich einen festen Platz in den gesundheitspolitischen Gremien und Entscheidungsprozessen bekommen. Es kann nicht sein, dass wir immer nur Zuhörer:innen sind, während über unsere Zukunft entschieden wird.
Zweitens: Bürokratie abbauen! Wir brauchen mehr Flexibilität und Offenheit gegenüber Startups und innovativen Ansätzen, damit neue Ideen nicht an veralteten Strukturen scheitern. Gerade im Hinblick auf das sich immer schneller verändernde technische Umfeld gibt es in meinen Augen immer noch zu viele Formulare und Anträge. Damit verhindern wir nicht nur, dass das deutsche Gesundheitswesen am Status quo der technischen Möglichkeiten agiert, sondern verpassen auch die Chance, mit der Digitalisierung ein Instrument gegen den Fachkräftemangel und eine drohende Unterversorgung zu nutzen.
Wir gestalten die Zukunft – und die Politik muss aufpassen, nicht den Anschluss zu verlieren.
Drittens: Die Ausbildung im Gesundheitswesen muss dringend modernisiert werden. Digitalisierung, interdisziplinäre Zusammenarbeit und neue Berufsbilder wie der Physician Assistant gehören in jeden Lehrplan.
Auf gesellschaftlicher Ebene fordern wir einen Kulturwandel: Prävention muss fester Bestandteil unseres Alltags werden. Es geht nicht nur darum, Krankheiten zu behandeln, sondern Gesundheit aktiv zu gestalten. Junge Menschen können hier eine treibende Kraft sein – nicht nur als Patient:innen, sondern vor allem als Expert:innen. Von der Politik erwarte ich, dass sie endlich die notwendigen Weichen stellt, um diese Vision Wirklichkeit werden zu lassen. Das Gesundheitssystem der Zukunft muss nachhaltig sein und den Menschen in den Mittelpunkt stellen – und genau daran arbeiten wir bei Hashtag Gesundheit jeden Tag, sei es durch unsere regionalen Treffen, durch Impulse auf großen Veranstaltungen der Gesundheitswirtschaft oder einfach durch den Austausch bei unseren After Hours. Wir gestalten die Zukunft – und die Politik muss aufpassen, nicht den Anschluss zu verlieren.
